Glaube und religiöse Praxis als Bewältigungsstrategien im Jugendstrafvollzug

 

Das Forschungsprojekt „Muslim*innen im Jugendstrafvollzug“ konnte darlegen, dass muslimischen Inhaftierten weniger Angebote zur Religionsausübung bereitgestellt werden als Christ*innen. Der vorliegende Artikel geht der Frage nach, welche Auswirkungen diese Ungleichbehandlung hat. Bezugnehmend auf die General Strain Theory von Agnew wird analysiert, ob männliche muslimische Jugendstrafgefangene ihre religiöse Praxis als Reaktion auf die Benachteiligung hinsichtlich religiöser Angebote reduzieren oder verstärken. Es zeigte sich, dass die Religionsausübung sowie die selbstangegebene Bedeutung von Religion bei Muslimen mit zunehmender Inhaftierungszeit abnahmen. Dies war bei Christen nicht der Fall. Der Rückgang der Religiosität bei Muslimen steht im Einklang mit der mangelnden Unterstützung islamischer Religionsausübung. Angesichts der Benachteiligung empfinden muslimische Jugendstrafgefangene Resignation und wenden sich von der Religion als stützende Ressource ab.

 Ein weiterer Erklärungsfaktor ist, dass sich die muslimischen Jugendlichen an das weniger religiöse Umfeld im Strafvollzug anpassen. Diese Ergebnisse sind von besonderer Relevanz, da Religion und Seelsorge in der Resozialisierung eine wichtige Rolle zuteilwerden kann.

 

Bergmann, B., Lutz, P., Bartsch, T. & Stelly, W. (2024). Religious coping or coping with religion? Religious belief and practice during incarceration in German youth prisons. Journal of Offender Rehabilitation, 63(2), 92-111. https://doi.org/10.1080/10509674.2023.2295864